Toolbox Kommunikationsmanagement: Denkwerkzeuge und Methoden für die Unternehmenskommunikation

Toolbox Kommunikationsmanagement Ansgar Zerfaß und Sophia C. Volk Rezension mcschindler.com

Was assoziieren Sie mit Tools? Digitale Anwendungen? Dann liegen Sie in diesem Fall falsch. Die “Toolbox Kommunikationsmanagement” ist eine Sammlung von praxiserprobten Denkwerkzeugen, Konzepten und Vorgehensweisen für die Steuerung der Unternehmenskommunikation. Es ist eines der besten Fachbücher, das ich bisher gelesen habe. Prof. Ansgar Zerfaß und Sophia Charlotte Volk von der Uni Leipzig stellen, strukturiert und nachvollziehbar, 44 verschiedene Methoden für die Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung vor.

Warum die beiden diesen Werkzeugkasten aufgebaut haben, verraten sie erst am Endes des Buches: “Im Unterschied zu Management- und Strategieberatern investieren Kommunikationsagenturen und -berater bisher nicht systematisch in die Entwicklung und Popularisierung von Tools.” Ihr ernüchterndes Fazit ergänzen sie um die Erkenntnis, dass Kommunikatoren die Sprache des Managements nicht ausreichend beherrschen. Die Führungsetage wiederum bekunde oft Mühe, die Wertschöpfung der Kommunikation an der Unternehmensleistung anzuerkennen. Der Befund liest sich dann im Buch so: “… empirische Studien zeigen, dass die Zusammenarbeit zwischen Top-Management und Kommunikationsverantwortlichen oftmals verbesserungsfähig ist.”

Genau hier setzt dieses Buch an. Es macht sich in der Managementlehre etablierte Methoden zunutze und zeigt, wie sie auf die Kommunikation angewendet werden können. Inspiration zum Buch brachte übrigens das weltweit umfassendste Forschungsprogramm zur Unternehmenskommunikation mit dem Forschungsprojekt “Value Creating Communications”. Dahinter steht die Akademische Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation, welche 2010 gegründet wurde, um den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu intensivieren. Eine Broschüre gibt Einblick in das Forschungsprojekt und seine Ergebnisse.

Rolle der Unternehmenskommunikation definieren

Es mag ja etwas eigenartig anmuten, wenn der Autor und die Autorin in einem Fachbuch, das für Berufsleute konzipiert ist, zuerst die Unternehmenskommunikation definieren. Aber erst dadurch wird nachvollziehbar, warum es wichtig ist, für unterschiedlichste Problemstellungen das richtige Tool zur Hand zu haben. Das ist auch der Grund, dass sie das Fachbuch als Nachschlagewerk deklariert haben.

Die Unternehmenskommunikation leistet ihren Beitrag zur Aufgabenerfüllung des Unternehmens in vier Dimensionen:

  1. Unterstützung der laufenden Leistungserstellung von Produkten und/oder Dienstleistungen
  2. Aufbau immaterieller Vermögenswerte wie Reputation und Marke, Unternehmenskultur, Employer Branding und Aufbau von zukünftigen Erfolgspotenzialen
  3. Beitrag zur Strategiedefinition und Positionierung unter anderem auch durch Monitoring und Issues Management
  4. Sicherung von Handlungsspielräumen durch den Aufbau von Vertrauen und Legitimität, die Rede ist hier von der “licence to operate”

Dabei geht es einerseits um die strategische Kommunikation, “doing the right things”, und die operative Kommunikation, “doing the things right”.

Praxisorientierter Aufbau

Das Buch verknüpft Lehre, internationale aktuelle Forschungsergebnisse und – mit dem Anwendungsbeispiel eines fiktiven Unternehmens – auch die Praxis entlang von acht Gliederungsschwerpunkten:

  1. Kurzbeschreibung
  2. Anwendungsgebiet: Für welches Problem eignet sich das Tool? Was wird damit bezweckt?
  3. Funktionsweise: Wie funktioniert das Tool?
  4. Anwendungsbeispiel: Wie sieht ein konkretes Fallbeispiel anhand der fiktiven Hadema AG aus?
  5. Vorgehen: Wie lässt sich das Tool Schritt für Schritt anwenden und welche Voraussetzungen sind zu beachten?
  6. Nutzen: Was sind Mehrwert und Grenzen des Tools?
  7. Gesamtbeurteilung
  8. Weiterführende Literatur

Pro Tool gibt es in der Regel um die fünf Seiten Stoff, danach fühlt man sich als Leserin ausreichend abgeholt und eingeführt, um selber loszulegen. Besonders hilfreich finde ich die Anwendungsbeispiele zur Hadema AG. Denn auch wenn die theoretischen Erläuterungen gut strukturiert und klar sind, braucht es für das gute Verständnis doch immer noch die Komponente der Anwendung.

Thematisch folgt der Aufbau nach einer Einführung den folgenden Kapiteln (die Zahlen in Klammern entsprechend der Anzahl der vorgestellten Tools):

  1. Analysetools (13)
  2. Planungstools (10)
  3. Umsetzungstools (10)
  4. Evaluationstools (8)
  5. Neue Tools für das Kommunikationsmanagement (3)

Die Abbildung zeigt einen Überblick über sämtliche Tools:

Toolbox Kommunikationsmanagement  von Ansgar Zerfaß und Sophia Charlotte Volk
zum Vergrössern Bild anklicken

Besonders interessant sind die drei neuen, von den Autoren mitentwickelten Tools (in der Grafik in Blau ausgezeichnet), doch davon später. Springer verkauft diese Kapitel auch gesondert.

Abgerundet wird das Buch durch Fallbeispiele aus der Unternehmenspraxis der Commerzbank, Flughafen München, GIZ, Deutsche Telekom und ZF Friedrichshafen. Und – da könnte man schon fast wieder den Bogen zurück zu digitalen Tools schlagen – Erfolgsfaktoren für den Einsatz von Tools. Rot angestrichen habe ich mir in diesem Kapitel die sehr gut herausgearbeiteten Ansatzpunkte zur Implementierung einer Toolbox.

Meine persönlichen Entdeckungen

Um ehrlich zu sein, war ich zu Beginn der Lektüre etwas nervös, weil ich nicht abschätzen konnte, mit wie vielen Methoden ich bereits arbeite. Es sind einige, aber mir wurde bei der Lektüre auch klar, dass man manche Tools durchaus noch vertiefter ausreizen und einsetzen könnte.

Ich habe verschiedene “alte Gefährten” entdeckt, auf die ich auch in Zukunft nicht verzichten werde. Als Auswahl nenne ich hier nur fünf, die auch zu meinen Favoriten gehören:

  • Benchmarking
  • SWOT-Analyse
  • Leitbild
  • Zielhaus der Kommunikation
  • Themenplanung

Neue Entdeckungen in der Toolbox sind die folgenden Methoden:

  • Kompetenzanalyse: Gerade im Zusammenhang dem Aufbau eines Newsrooms ergibt eine systematische Analyse der Skillsets Sinn.
  • Communication-Touchpoint-Analyse: Identifikation aller Kontakt- und Berührungspunkte, welche das Image wesentlich prägen.
  • Walt-Disney-Methode: Weil es einfach gut tut, ein Problem aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und einzukreisen.
  • Zieleradar: Nach einem vermutlich schmerzhaften Prozess der Erarbeitung bleiben dafür in der Umsetzung die Ziele im Blick.
  • Themenpyramide: Sie hilft die übergreifenden strategischen Themen von oben nach unten bis auf die lokale Ebene auszudifferenzieren.
  • Botschaftendreieck: Es verdichtet komplexe Inhalte auf drei zentrale Botschaften und formuliert diese prägnant und verständlich.
  • Briefing: Die notwendige Grundlage zu Aufgabenstellung, Zielen, Verantwortlichkeiten und Zielhorizonten – strukturiert und präzis.

Es ist natürlich selbstredend, dass zuerst die Problemstellung bekannt sein muss, bevor der Griff in die Werkzeugkiste erfolgt. Das setzt allerdings auch voraus, dass man die Werkzeuge bereits kennt. Und hier ist die Vielfalt wichtig. Wie hat Maslow schon gesagt?

“If all you have is a hammer, everything looks like a nail.”

Abraham H. Maslow

(Wenn man nur einen Hammer hat, sieht alles wie ein Nagel aus.)

Neue Tools für das Kommunikationsmanagement

Ganz hinten, in Kapitel sieben, warten Ansgar Zerfaß und Sophia Charlotte Volk mit den wahren Perlen auf. Untersuchungen haben gezeigt, dass für folgende Herausforderungen bisher keine geeigneten Tools existierten:

  1. Wertbeitrag: Möglichkeit, den Wertbeitrag von Kommunikation zum Unternehmenserfolg zu erklären
  2. Rollen: Ausdifferenzierung der Rollenvielfalt von Kommunikationsverantwortlichen und Bewertung von individuellen Kompetenzen auf strategischer und operativer Ebene
  3. Aufgabenspektrum: Aufzeigen der grundlegenden Leistungsbeiträge der Kommunikationsabteilung im Unternehmen und Definition eines klaren Leistungsangebots

Darum haben sie sich an die Arbeit gemacht und die Toolbox erweitert.

1. Communication Value Circle

Der Communication Value Circle erklärt die Wertschöpfung des Unternehmens auf den Ebenen der Unternehmensführung und der Unternehmenskommunikation mithilfe von zwölf kommunikativen Zieldimensionen. Einsatz findet er in der Planungsphase zur Priorisierung der übergeordneten Unternehmensziele. Daraus werden die Kommunikationsziele abgeleitet. Zudem dient er auch als Schablone, um in der Evaluationsphase zu messen, inwieweit die Ziele erreicht wurden. Die verschiedenen Segmente werden durch die Vergabe von Farben in niedrige, mittlere und hohe Priorität segmentiert.

Toolbox Kommunikationsmanagement Communication Value Cirlce
zum Vergrössern Bild anklicken

Die Abbildung mit dem Anwendungsbeispiel des fiktiven Unternehmens Hadema veranschaulicht, was gemeint ist. Jedes einzelne Segment und die Schritte zur Erarbeitung sind im Fachbuch genau beschrieben.

2. Communication Manager Roles Grid

Der Communication Manager Roles Grid bildet in acht strategischen und operativen Dimensionen das Rollenspektrum von Kommunikatoren in Unternehmen ab. Als Analysetool hilft er bei der Reflexion von Aufgabenbereichen mit dem Ziel, die eigenen Leistungen oder die Leistung im Team zu optimieren und Rollenerwartungen und Kompetenzen abzugleichen. Zur Anwendung kommt er bei einer Restrukturierungen der Kommunikationsabteilung oder bei der personellen Besetzung neuer Projekte. Im Newsroom leistet er wertvolle Dienste im Handlungsfeld Menschen.

Der Communication Manager Roles Grid skizziert acht generische Rollen und setzt in Paaren je vier strategische und operative Tätigkeiten gegenüber. So hat jede strategische Rolle eine operative Entsprechung.

Toolbox Kommunikationsmanagement Communication Manager Roles Grid
zum Vergrössern Bild anklicken

Auch hier hilft das Anwendungsbeispiel für die Veranschaulichung. Die Rollen sind im Buch detailliert beschrieben und helfen in der Praxis, Aufgaben zu strukturieren und allenfalls auch neu zu verorten.

3. Communications Contributions Framework

Dieses neu entwickelte Tool zeigt das Leistungsspektrum einer Kommunikationsabteilung in vier Dimensionen. Diese lassen sich wiederum in strategische und operative Leistungsbeiträge herunterbrechen.

“Viele Kommunikationsabteilungen rücken in ihrer Selbstdarstellung häufig operative Projekte in den Vordergrund”, stellen der Autor und die Autorin fest. Allerdings zeigen empirische Studien, dass “die Fokussierung auf operative Kennzahlen und weiche Faktoren für das Ansehen der Unternehmenskommunikation (…) eher kontraproduktiv zu sein scheint.” Darum bildet das Communications Contributions Framework (CCF) das Leistungsspektrum von Kommunikationsabteilungen in der Sprache des Managements ab. Zudem systematisiert es, indem es strategische und operative Leistungen unterscheidet – eine gängige Praxis in der Management-Literatur.

oolbox Kommunikationsmanagement Communications Contribution Framework
zum Vergrössern Bild anklicken

Auch hier hilft wieder die Veranschaulichung am Beispiel von Hadema.

Zu wenig Aufmerksamkeit in der Branche

Das Thema Tools habe in der Kommunikationsbranche bislang wenig Aufmerksamkeit genossen, stellen der Autor und die Autorin fest und vermissen die Best-Practice-Anwendungen von Tools. Dazu merken sie nicht unkritisch an: “Die in der Branche üblichen Auszeichnungen, wie etwa die PR Report Awards, beschränken sich meist auf das Ergebnis von gelungener Kommunikation – nicht aber auf den dahinterliegenden Prozess und die dabei eingesetzten Methoden und Vorgehensweisen.”

Angekündigt hat Prof. Ansgar Zerfaß das Buch schon im Zusammenhang mit der weltweit ersten Studie zum Einsatz von Managementtools in der strategischen Kommunikation, die er mit Lautenbach Sass durchgeführt hat. Ich habe damals die Resultate im Blog besprochen. Im Buch gehen Ansgar Zerfaß und Sophia Charlotte Volk auch nochmals genauer darauf ein, über welche Bekanntheit die verschiedenen Tools verfügen und wie sie effektiv genutzt werden. Sie schliessen das Buch mit zehn Faktoren, die kritisch für den Erfolg sind: bei jedem einzelnen habe ich zustimmend mit dem Kopf genickt. Besonders wertvoll sind auch die Ansatzpunkten zur Implementierung einer Toolbox.

Für mich ist das Fachbuch Toolbox Kommunikationsmanagement eines der besten, das ich in langer Zeit gelesen habe und darum steht es in meiner Arbeitsplatzbibliothek ganz zuvorderst.

Toolbox Kommunikationsmanagement: Denkwerkzeuge und Methoden für die Unternehmenskommunikation
Autoren: Ansgar Zerfaß, Sophia Charlotte Volk
Kartonierter Einband, 304 Seiten, auch als E-Book erhältlich
Verlag: Springer Gabler
Sprache: deutsch
ISBN: 978-3-658-24257-2
Preis: EUR 34.99 (ohne Gewähr)
Für die Schweiz: Bei meinem Kunden Ex Libris kostengünstig und portofrei bestellen.

Ihre Meinung zum Thema

Die erforderlichen Felder sind mit * markiert. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Neuste Beiträge in Ihre Mailbox

Verpassen Sie nichts mehr zu PR im Social Web, Online-PR und digitaler Kommunikation. Abonnieren Sie die Beiträge jetzt als Newsletter.

Zur Newsletter-Anmeldung